Deutsches Pfand und Kontrolleur Trauma

Schon fast zwei Jahre bin ich jetzt in Korea und es gibt zwei deutsche Angewohnheiten, die ich einfach nicht ablegen kann. Man kann sagen, ich habe ein richtiges deutsches Trauma davongetragen.

Es ist so typisch deutsch, dass ich schon über mich selbst lachen muss.

Eines der ersten Dinge ist das ......Flaschenpfand. Ja genau, das Flaschenpfand hat es mit angetan.

Obwohl die Einführung des Flaschenpfands in Deutschland ja gar nicht soooo lange her ist, hat sich diese Routine so tief in mir verinnerlicht, dass ich davon einfach nicht loskomme.

In Korea gibt es dieses Pfandsystem nicht. Und so ertappe ich mich immer wieder dabei, wie es mich in den Fingern juckt, wenn ich auf den Straßen Seouls leere Flaschen auf dem Boden liegen sehe. In mir regt sich der Drang sie aufzuheben. Auch bei selbst gekauften Flaschen fällt es mir manchmal schwer sie einfach wegzuschmeißen. Bevor ich sie in die Tonne werfe, muss ich manchmal doch kurz überlegen, ob das denn ok. ist, was ich da gerade mache.
Es ist wirklich lustig, wenn ich mich an die Zeiten erinnere, in denen ich mit Säcken voller PET Flaschen zum Supermarkt lief und immer genervt war, wenn jemand Ewigkeiten vor mir brauchte, seine 1001 Flaschen in dem Automaten zu schieben.

Die zweite Sache ist mein Kontrolleurtrauma.

Ich bin trotz Führerschein nie im meinem Leben regelmäßig mit dem Auto gefahren. Seit meiner Schulzeit bin ich in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs, sprich mit Bahn, Bus, Staßenbahn und U-Bahn. Und auch wenn ich zu 98 % immer einen gültigen Ausweis hatte, fühlte ich mich immer irgendwie beobachtet. Der Augenblick wenn aus den vermeintlich harmlosen Fahrgästen, gemeine, unbarmherzige Fahrkartenkontrolleure werden, verfolgt mich bis nach Korea. Ich habe mich als Fahrgast in Deutschland immer wie ein Verbrecher gefühlt. Dabei habe ich für Monatstickets zusammengerechnet sehr viel Geld ausgegeben. Ich sollte bei den Öffentlichen eigentlich schon einen VIP Status besitzen, genauso wie es bei den Airlines gehandhabt wird. Aber davon kann man als deutscher Fahrgast nur träumen.

Nun sitze ich nicht mehr in Deutschland, sondern in Seoul seelenruhig in der U-Bahn und schrecke auf, weil eine Gruppe auf eine bestimmte Art und Weise, die ich selbst gar nicht mal beschreiben kann, durch die U Bahn läuft. Und in mir spielt sich immer der gleichen Gedankenprozess ab, weil ich erstmal überlege, wo ich eigentlich meine Fahrkarte hin getan habe. Aber die Frage erübrigt sich, weil ich hier nämlich keine reguläre Fahrkarte habe, sondern nur eine Art Kreditkarte, die man immer am Eingang und Ausgang der U.Bahn an einen Kartenleser einer Schranke hält. Dort wird automatisch der richtige Betrag abgebucht und man geht dann einfach durch das Drehkreuz. Das war schon alles. Kontrolleure sind in Korea also überflüssig. Es kann mit diesem System nie passieren, dass man die falsche Tarifstufe oder den falschen Monat erwischt oder das Gültigkeitsdatum abgelaufen ist. Man kann hier wirklich entspannt fahren. Wären da nicht die Geister der Vergangenheit, die mich immer noch aus der Ferne verfolgen.

„Die ich rief, die Geister,
Werd’ ich nun nicht los.“

Goethe, Der Zauberlehring. 


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